31 bis 50

Manchmal mache ich mir unnötigerweise Gedanken über Tatsachen, die ohnehin nicht zu ändern sind. Nehmen wir fürs Beispiel das Älterwerden: Keiner will es, jeder tut es. Vor 30, will man der allgemeinen Volksmeinung Glauben schenken, ist alles in bester Ordnung. Die Probleme beginnen im berüchtigten Alterssegment 31-50, in dem ich gerade verweile:

  1. Anna S., dreizehnjährige Nichte Ihres nichtswürdigen Chronisten, verdreht die Augen, als ich ihr erkläre, dass ich mich in ihrem Alter mit einem Fernseher zufrieden geben musste, dessen Schirm deutlich kleiner war als jener ihres derzeitigen Smartphones. „Jaja, Onkel Zwickel, geh scheißen!“.  Dass ich sie in ihrem Alter noch für so blöd halten kann, nagt an ihrem jugendlichen Stolz. Auf Facebook lässt sie sich darüber aus, dass sie ihr schrulliger Märchenonkel aus Wien einfach immer nur verarscht und keine Ahnung vom wahren Leben hat.
  2. Party mit Redaktionspraktikanten: Alle mindestens 15 Jahre jünger als ich. Zu später Stunde kommt ein höchst philosophisches, gleichermaßen komplexes Thema aufs Tapet – die guten alten Wählscheibentelefone. Ines S., 22: „Wie weit muss ich da jetzt drehen, wenn ich eine 0 wählen will? Und wann weiß das Telefon, dass die Nummer fertig gewählt ist, ohne grünen Knopf? Ich versteh‘ das einfach nicht.“ Liebe Kinder, ihr sagt es ja immer selbst: Wählen ist out.
  3. Allgemein gültige Phänomene oben genannten Alterssegments: Frauen läuft die Zeit davon, weil die biologische Uhr einfach nicht aufhört zu ticken. Männer laufen den Frauen davon, weil die biologische Uhr einfach schon zu viel getickt hat. Oder sie aus einem anderen Grund austicken. Frauen laufen den Männern davon, weil sie sich vor 40 noch selbst verwirklichen müssen (oft unter tatkräftiger Mitwirkung brasilianischer Tanzlehrer). Männer kaufen sich Harleys, Golfausrüstungen als Deko fürs Büro; Frauen Katzen, Handtaschen, Schuhe. Fazit: Man will all das nicht mehr, wovon man immer geträumt hat. Oder will es noch immer (zu sehr). Aber bis 40 (Mitte 30) oder 50 (Mitte 40) muss alles in trockenen Tüchern sein.
  4. Man ist entweder ausgebrannt, abgebrannt, oder ständig beim Branntweiner (und deswegen ausgebrannt und abgebrannt)
  5. Die Suche nach der großen Liebe ist entweder längst abgeschlossen (wieder geschieden), beginnt von neuem, läuft noch, wurde mit den Worten „Gibt’s für mich nicht“ ad acta gelegt, oder wird großherzig auf der Karriereleiter geopfert. (Mischformen denkbar)

Ich möchte mit 51 eine Frau, die dann so jung ist, dass ihr H.C. Strache nichts mehr sagt, und der ich erklären kann: „Als ich so alt war wie du, musste ich mich mit Smartphones zufrieden geben, die waren kleiner als deine Brüste“. Und eine beschämte Entschuldigung von meiner Nichte: „Onkel, du hattest immer recht.“ Vielleicht ist das Älterwerden also gar nicht so kompliziert?

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